Kategorie Gay – Unangemessene Naziimitationskleidung?

Sieht so jemand aus, der der rechtsextremen Szene zuzuordnen ist?

Vor etwas mehr als einem Jahr ist Mario, ein Sozialarbeiter und bekennender Schwuler aus Weimar einer Einladung zur Gedenkveranstaltung zur Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald gefolgt, bekleidet mit einem schwarzen „Kategorie Gay“ T-Shirt – schließlich mussten auch Hunderte von Homosexuellen dort einmal einsitzen und zum Teil ihr Leben lassen. Doch anscheinend fanden der stellvertretende Direktor der Gedenkstätte sowie die staatliche Ordnungsmacht seinen Kleidungsstil nicht angemessen und erteilten ihm einen Platzverweis, und das nicht nur für die Gedenkstätte, sondern auch für das Gelände drumherum. Dazu das Gedächtnisprotokoll von Mario selbst (einige Tippfehler wurden von uns korrigiert):

 

Am heutigen Montag, den 11.04.2011 fuhr ich, ein Freund und meine Hündin zur Gedenkstätte Buchenwald, um an der Gedenkfeier anlässlich der Befreiung/Selbstbefreiung teilzunehmen. Nachdem wir aus den Bus ausgestiegen waren, fragte ich einen älteren Herrn, der die Fahrzeuge des „Diplomatischen Corps“ delegierte, wohin es zur Kranzniederlegung ginge. Seine Antwort war: „Da lang (Fingerzeig). Was haben Sie denn da auf ihrem T-Shirt stehen? Meinen Sie, dass Sie passend für die Veranstaltung gekleidet sind?“ Ich drehte mich zu ihm, sodass er den Schriftzug lesen konnte – „Kategorie Gay … so sind wir“ (v.d. Band NORDWAND a. Leipzig od. Berlin). Ich antwortete nicht und der Herr machte sich eine Notiz. [Der Herr hieß Hr. Wildförster und war der Sicherheitsbeamte der Gedenkstätte.]

Eine kurze Beschreibung wie ich gekleidet war :

Adidas-Turnschuhe, schwarze Strumpfhose unter schwarzer kurzer Hose, ein 2-reihihger Nietengürtel mit Beutel für Hunde-Leckerlies, schwarzes Langarmshirt und ein kurzes schwarzes T-Shirt drüber mit Aufschrift „Kategorie Gay“ , sowie ein

Rucksack auf den Schultern (siehe Foto).

Mein Freund, die Hündin und ich liefen in Richtung Buchenwald-Haupteingang. Auf der Hälfte des Weges kamen uns 2 Anzugträger entgegen, welche sich als Hr. WAAS und Hr. Stiebitz von der Kriminalpolizei WEIMAR vorstellten. [Während der Verhandlung stellte sich heraus, dass es Hr. Waskulat von der der Kripo WEIMAR und  Herr Striebitz vom Staatsschutz/Weimar waren.] Sie verlangten sofort unsere Personalausweise und bemängelten, wie es wohl sein könnte, dass wir hier rauchten (… es stehen überall Aschenbecher/Müllbehälter). Des Weiteren gefiel ihnen meine Kleidung nicht, was sie deutlich zum Ausdruck brachten. „Finden Sie, dass ihre Kleidung dem Anlass entspricht???“ Ich antwortete: „Ich bin hier weil ich der Befreiung gedenken möchte UND von einer Kleidervorschrift wäre mir nichts bekannt, zumal ich in der vergangenen Woche vom VVN-BdA-Vorsitzenden aus Weimar,

Hr. Uwe Adler, eingeladen wurde.“ Herr Waskulat bat seinen Kollegen sich schlau zu machen, ob das Hausrecht nicht das mitnehmen eines Hundes auf das Gelände des KZ Buchenwald verbieten könnte. Polizeibeamter, Hr. Striebitz funkte kurz und meinte dann, dass der Hund nicht erlaubt wäre. Mein Freund könnte rein, ich aber nicht. Ich entgegnete „ … Gut, dann werde ich mich an den Zaun neben den Eingang stellen und eben so am Gedenken teilnehmen.“ Dann meinte Hr. Waskulat „ … ich weiß nicht warum manche Leute immer ihre Gesinnung nach außen tragen müssen …“ Wir bekamen unsere Ausweispapiere zurück und gingen beide in Richtung Zaun, welcher das KZ-Gelände umzäunte. Etwas später, als wir am Stacheldrahtzaun standen, kam ein Einsatzwagen der PI WEIMAR, welcher sich quer auf die Straße stellte und mit ihm 2 PolizeibeamtInnen, namens Frau Krauße und Herr Schelling. [Herr Schelling war Einsatzleiter zur Sicherung des Außenbereiches UND ihm war/ist NICHT klar, wo die eigentliche Gedänkstätte beginnt – nämlich hinter dem Lagertor!] Auch sie wollten nochmals unsere Ausweise sehen und ich fragte, ob dies nötig sei, da ihre Kollegen dies gerade erst unternommen haben. Hr. Schilling antwortete im forschen Ton: „Ich möchte ihre Ausweise sehen, mir ist egal ob sie sie schon gezeigt haben.“ Sie überprüften die Personalien via funke mit der PI Weimar und gaben ebenfalls kund, dass meine Kleidung nicht angemessen sei und der Hund verboten wäre (dabei war ich noch nicht einmal direkt auf dem KZ-Gelände). Ich erfragte wie die Gefahrenprognose wäre und warum sie so handelten. Zur Antwort bekam ich, dass der Sicherheitsbeauftragte der Gedenkstätten Buchenwald/Mittedora, Herr Frieße, dies so wolle. Anschließend sprach uns Polizeibeamter, Herr Schilling nach Rücksprache mit PI WEIMAR einen Platzverweis für den gesamten Tag und das gesamte Gelände aus, ohne dies zu begründen. Wenn wir dem nicht Folge leisten, haben wir mit Konsequenzen zu rechnen. Meine Anfrage bezüglich der „Gefahrenprognose“ wurde nicht beantwortet. Ich könne mich bei den Vorsitzenden des VVN/BdA Weimar (von jenem wurde ich eingeladen) oder bei Hr. Kirsten, Chef der PI WEIMAR, beschweren.

Während der Ansagen der PolizeibeamtInnen erschien ein weiterer junger Mann mit seinem Vater, (wie ich später erfuhr) und wollte ebenfalls an der Veranstaltung teilnehmen. Kriminalbeamter Hr. Stiebitz fragte uns „ … Kennt ihr den, der gehört doch auch zu Euch … ?“ Auch jenen Menschen wurde die Teilnahme verweigert. Übrigens trug er eine schwarze kurze Hose, schwarzen Sweater und Basecap.

Die Sätze in eckigen Klammern wurden nachträglich hinzugefügt, da Mario erst bei der Verhandlung an diese Informationen kam.

Mario entschied sich, gegen das Land Thüringen zu klagen, da er sich diese Diskriminierung nicht gefallen lassen wollte. Inzwischen gab es ein erstes Urteil zu dem Fall. Allerdings hatte Mario vorerst keinen

Erfolg, denn es war im Endeffekt „Aussagen gegen Aussage“. In einem Teil der Begründung hieße es sogar, „Thor Steinar“ wäre in Ordnung, „Kategorie Gay“ aber Störung des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald, so Mario. Seine Zeugen seien schließlich gar nicht mehr gehört worden, meint der Betroffene – und das obwohl zwei Verhandlungstage angesetzt waren.

Es wurden bereits einige Zeitungsartikel zu dem Fall veröffentlicht, doch keiner von den spiegelte den wirklichen Verlauf des Verfahrens wieder, meint Mario. Letztendlich soll der Platzverweis gerechtfertigt gewesen sein, da bereits das Mitführen eines Hundes gegen die Besucherordnung verstoße und eine Störung durch die Kleidung nicht auszuschließen gewesen sei (TLZ). Doch warum Mario dann daraufhin das gesamte Gelände verlassen musste, darauf hatte das Gericht keine Antwort. Mario fragt sich außerdem, warum die anderen drei Menschen nicht aufs Gelände durften, wenn er wegen seiner Hündin einen Platzverweis bekommen hat.

Mario will das ganze jedenfalls nicht auf sich sitzen lassen und geht Revision, auch wenn ihm das Urteil der mehr als zwei Wochen zurückliegenden Verhandlung immer noch nicht vorliegt. Doch da solche Verhandlungen teuer sind und er die Kosten bisher allein getragen hat, würde er sich sicherlich über Spenden freuen. Wer ihm helfen möchte, kann sich gern bei uns melden und wir stellen den Kontakt her.

Und hier noch ein bißchen Bildungsfernsehen über die Band, die Anlass für den Song und das Shirt war:


Kommentare

2 Antworten zu „Kategorie Gay – Unangemessene Naziimitationskleidung?“

  1. Is ja wohl der absolute Oberknaller… Diese dummen Idioten sollten sich sowas von schämen. Die gehören gefeuert. Von sowas will man wohl kein kz beaufsichtigt haben. Esst Nazis!

  2. Avatar von ad buster
    ad buster

    sollte „In einem Teil der Begründung hieße es sogar, “Thor Steinar” wäre in Ordnung, “Kategorie Gay” aber Störung des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald“ tatsächlich bestandteil einer gerichtlichen äusserung sein, so wären die von brecht benannten schweren eisenhämmer die adäquate erwiderung.

    aber ansonsten: nazi-adbusting ist, egal in welchem zusammenhang, irgendetwas zwischen pubertärem unfug, gedankenlosigkeit und nichtfunktionierender ironie.

    und, wenn überhaupt: subkulturelle codierungen funktionieren dann vielleicht innerhalb entsprechender subkulturen und ihren relativ engen räumlichen und sozialen rahmen – orte des nationalsozialistischen vernichtungswillens sind kein bestandteil eines subkulturellen rahmens. sie sind primär der bezugspunkt von überlebenden und angehörigen von überlebenden oder ermordeten, und entsprechend von diesen ausgestaltet. begebe ich mich als nicht direkt betroffene person zu einem solchen ort, respektiere und anerkenne ich die dort (vielleicht auch unausgesprochenen) gegebenen bedingungen. ein dümmliches shirt, welches sich (ironisch gemeint und für aussenstehende kaum verständlich) an ein hauptsächlich rechts-orientiertes hoolstereotyp anlehnt, wirkt an einem ort wie der gedenkstätte buchenwald einfach absolut fehl am platz.

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